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Studie: Nachhaltigkeit bringt für Energie- und Versorgungsunternehmen wirtschaftliche Vorteile

Die Energie- und Versorgungsbranche ist entscheidend für die Eindämmung des Klimawandels, da Energienutzung 73 Prozent aller Treibhausgasemissionen weltweit verursacht

  • Von den Energie- und Versorgungsunternehmen mit Nachhaltigkeitsinitiativen im Geschäftsbetrieb bzw. Produktbereich haben weltweit fast zwei Drittel – in Deutschland 80 Prozent – Umsatzsteigerungen durch diese Initiativen erzielt.

  • Wegen Corona haben 43 Prozent der Unternehmen weltweit und 26 Prozent in Deutschland Nachhaltigkeitsinvestitionen und ‑initiativen verlangsamt oder ausgesetzt

Kristin Kiri Trier, Expertin für Nachhaltigkeit, Innovation und Strategie bei Capgemini Invent; (Credit: Capgemini, Abdruck honorarfrei!)

Energie- und Versorgungsunternehmen mit fortschrittlichen Nachhaltigkeitsinitiativen erwirtschaften höhere Einnahmen, verbessern Marken- und Unternehmensbewertungen und werden von Investoren, Aufsichtsbehörden und Kunden positiver wahrgenommen. Zu diesem Schluss kommt die neue Studie des Capgemini Research Institute mit dem Titel „Powering Sustainability: Why energy and utility companies need to act now and help saving the planet“. Die Branche nutzt zunehmend saubere Einnahmequellen; die energiebedingten Treibhausgase machen derzeit allerdings 73 Prozent aller Emissionen weltweit aus.[1] Energieunternehmen müssen daher mehr tun, um selbst nachhaltig zu werden und der gesamten Wirtschaft bei der Eindämmung der Klimarisiken zu helfen.


Durch Maßnahmen-Pakete wie dem europäischen Green Deal sowie bevorstehende kohlenstoffbezogene Regulierungsfristen wird es immer teurer, in Punkto Nachhaltigkeit[2] nicht zu handeln. Angesichts dessen gehen insbesondere große Unternehmen voran, indem sie klare, ambitionierte Ziele zur Reduzierung oder Eliminierung von Kohlenstoffemissionen aus der Wertschöpfungskette ihres Unternehmens festlegen. Große europäische Versorgungsunternehmen sind dabei führend. Capgemini befragte 600 leitende Manager in 300 Unternehmen der Branche und stellte fest, dass Energie- und Versorgungsunternehmen Nachhaltigkeit zunehmend nicht mehr rein als gesellschaftliche Pflicht, sondern als Chance auf Wachstum durch nachhaltige Geschäftsmodelle betrachten. Sie bemühen sich darum, bei der Transformation zu erneuerbarer Energie eine entscheidende Rolle zu spielen.


International sagen fast zwei Drittel (64 Prozent) der Unternehmen mit Nachhaltigkeitsinitiativen sowie 81 Prozent dieser Unternehmen in Deutschland, dass sie durch einen nachhaltigen Betrieb bzw. ein nachhaltiges Angebot ihre Umsätze gesteigert haben. Mehr als die Hälfte dieser Organisationen hat in mindestens sechs saubere Einnahmequellen investiert, etwa in grünen Wasserstoff (59 Prozent weltweit, in Deutschland 67 Prozent) und Services für eine höhere Energieeffizienz (international 63 Prozent, in Deutschland 81 Prozent). Ein weiterer Gewinn nachhaltiger Investitionen ist ein steigender Markenwert durch die positivere Wahrnehmung der Umwelt- und Sozialverantwortung sowie der Unternehmensführung.


Fortschrittsbarrieren bestehen weiterhin


Trotz dieser Fortschritte tun sich Energie- und Versorgungsunternehmen noch immer schwer, Vorsätze in die Tat umzusetzen. Zwar verfolgen weltweit 57 Prozent, in Deutschland 81 Prozent, der Unternehmen ausgereifte Nachhaltigkeitskonzepte und haben entsprechende Initiativen regional umfassend in ihrer Organisation eingeführt, sodass sie auch auf die Umweltbilanz ihrer Kunden einzahlen. Allerdings können sie bislang kaum Skaleneffekte erzielen, denn nur drei Prozent der Unternehmen haben Initiativen in mehreren Ländern skaliert oder eine umfassende globale Initiative aufgebaut.


Hinsichtlich der Emissionsreduktion zeigt die Studie, dass international weniger als die Hälfte der Unternehmen (42 Prozent), aber bereits 76 Prozent der deutschen, über ausgereifte Maßnahmen zur Reduzierung der Scope-1-Emissionen[3] verfügen. Nur 3 Prozent der Unternehmen weltweit – in Deutschland keines der befragten – haben ausgereifte Maßnahmen zur Senkung der Scope-3-Emissionen[4] entwickelt.


Die anhaltende COVID-19-Krise stellt eine weitere Herausforderung dar. Zwar hat die Pandemie den weltweit schnellsten Rückgang der CO2-Emissionen (um 2,4 Gigatonnen) seit 2010 ausgelöst. Allerdings müssten diese um weitere 60 Prozent gesenkt werden, um sicherzustellen, dass der Temperaturanstieg bis 2050 unter 1,5 bis 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau gehalten wird. Als Folge der Coronakrise gaben jedoch international 37 Prozent – sowie 24 Prozent der Befragten in Deutschland – an, dass sie das Tempo der Nachhaltigkeitsinvestitionen erheblich verlangsamt haben. Weltweit sechs Prozent sowie zwei Prozent in Deutschland haben sie gar ausgesetzt.


Kurskorrekturen zum Klimaschutz


Im Hinblick auf die Begrenzung der Erderwärmung stellt die Studie fest, dass international bisher nicht einmal jedes zehnte Unternehmen (sieben Prozent) – in Deutschland keines der befragten – ein im Sinne des Pariser Abkommens wissenschaftlich validiertes Emissionsreduktionsziel hat. Etwa zwei Drittel der Unternehmen international (63 Prozent) und in Deutschland (67 Prozent) lassen derzeit ihre Ziele validieren.


Auf dem Weg, dem Pariser Abkommen gerecht zu werden, befinden sich weltweit derzeit sechs Prozent der Energie- und Versorgungsunternehmen. Unter den befragten Unternehmen aus Deutschland war dies bei keinem der Fall. Gut jedes zweite Unternehmen hierzulande (52 Prozent) sowie fast jedes dritte international (31 Prozent) hat zumindest eine Strategie, um seinen Kurs in Kürze zu korrigieren. Drei von fünf Unternehmen weltweit, in Deutschland zwei von fünf, geben an, dass sie die Ziele des Pariser Abkommens nicht erreichen werden oder dahingehend unsicher sind.


„Unternehmen müssen und wollen deutlich mehr tun als bisher, um die Klimaerwärmung gemäß dem Pariser Abkommen zu begrenzen“, so Kristin Kiri Trier, Expertin für Nachhaltigkeit, Innovation und Strategie bei Capgemini Invent. „Sie sollten dringend – gerade auch in der aktuellen Krise – einen realistischen Nachhaltigkeitsplan entwickeln und konkrete Schritte zur Energiewende unternehmen. Dazu brauchen sie geeignete Führungsstrukturen sowie technologische Lösungen und müssen eng mit ihren Stakeholdern zusammenarbeiten.“


Transformation der Geschäftsmodelle nötig


Die Studienautoren geben Empfehlungen, wie Energie- und Versorgungsunternehmen eine nachhaltige Zukunft gestalten sollten. In erster Linie sollten Unternehmen ihre Geschäftsmodelle radikal verändern: Investitionen in Geschäftsfelder, die auf fossilen Brennstoffen basieren, zunehmend kürzen, einen Fahrplan für die schrittweise Ablösung bestehender emissionsintensiver Anlagen aufstellen und das Kapital für erneuerbare Energien und emissionsarme Geschäftsbereiche stark aufstocken. Sie müssen zudem die Nutzung erneuerbarer Energien maximieren und neue Technologien einsetzen, um schneller nachhaltig zu werden und ihren Kunden saubere oder emissionsarme Energielösungen anbieten. So können sie Scope-3-Emissionen reduzieren und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit steigern.


Die Unternehmen der Energie- und Versorgungsbranche wissen, dass Technologie erheblich zum Erreichen der anspruchsvollen Nachhaltigkeitsziele beitragen kann. Entsprechend investieren sie bereits in eine Kombination innovativer und digitaler Spitzentechnologien wie IoT, Automatisierung, Datenanalyse, Wasserstoff- und Speichertechnologien, Elektrifizierung von Nutzeinrichtungen sowie Künstliche Intelligenz bzw. maschinelles Lernen. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Unternehmen hat mit etablierten Technologiefirmen zusammengearbeitet, um neue Ideen und Methoden auf ihre Nachhaltigkeitsagenda zu setzen. Doch trotz des potenziellen Nutzens haben globale Unternehmen technologiebasierte Anwendungsfälle bislang kaum skaliert.


Kristin Kiri Trier resümiert: „Es ist eine grundlegende, klimagerechte Transformation der Energie- und Versorgungsunternehmen erforderlich. Unternehmen, die nicht mit der gebotenen Dringlichkeit handeln, müssen mit Einnahmeverlusten rechnen und könnten Investoren abschrecken. Sie riskieren zudem ihre gesellschaftliche Akzeptanz. Die etablierten Energie- und Versorgungsunternehmen sollten ihren CO2-Ausstoß jetzt entschlossen reduzieren. Zu langsames Handeln wird sie vieles kosten; jetzt aber die richtigen Schritte zu unternehmen, kann ihre Geschäftsmodelle auf Jahrzehnte zukunftssicher machen.“


Die vollständige Studie steht hier für Sie zur Verfügung.


Methodik der Studie


Capgemini hat 600 Führungskräfte in 300 Energie- und Versorgungsunternehmen aus 17 Ländern befragt. Jedes Unternehmen war durch jeweils einen Nachhaltigkeitsmanager sowie eine Führungskragt aus dem Energie- und Versorgungsbusiness repräsentiert. Zu den Ländern zählten: Die USA, Kanada, das Vereinigte Königreich, Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden, Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Italien, Spanien, Australien, Indien, China und Brasilien. Capgemini führte zusätzlich 10 Interviews mit Nachhaltigkeits- und Branchenexperten, um ihren Nachhaltigkeitsansatz, seine Chancen und Schwierigkeiten sowie die führenden Praxisbeispiele zu verstehen.

 

[1] Climate Watch, “Historical GHG emissions” https://www.climatewatchdata.org/ghg-emissions?end_year=2016&start_year=1990 Zugriff am 23. September 2020


[2] Die Definition der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung strebt ein Gleichgewicht zwischen Gegenwart und Zukunft an: Nachhaltige Entwicklung erfüllt die Bedürfnisse der Gegenwart, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.


[3] Scope-1-Treibhausgasemissionen sind direkte Emissionen, die aus eigenen oder direkt kontrollierten Quellen in die Atmosphäre freigesetzt werden. Ein Beispiel für Scope-1-Emissionen ist der CO2-Ausstoß bei der Stromerzeugung durch Kohle-Verbrennung.


[4] Scope-3-Emissionen sind indirekte Treibhausgasemissionen mit Ausnahme der Scope-2-Emissionen, die in der Gesamtwirtschaft erzeugt werden. Sie entstehen infolge der Aktivitäten einer Organisation, aber aus Quellen, die nicht im Besitz oder unter der Kontrolle der Geschäftstätigkeit dieser Organisation sind. Einige Beispiele sind die Gewinnung und Produktion eingekaufter Materialien, der Transport eingekaufter Brennstoffe oder die Verwendung von verkauften Produkten und Dienstleistungen. Scope 3 umfasst auch Emissionen im Zusammenhang mit der vertraglich vereinbarten Entsorgung von Feststoffabfällen und der Abwasserbehandlung. Einige Scope-3-Emissionen können zudem durch Transport- und Verteilungsverluste im Zusammenhang mit eingekaufter Elektrizität entstehen.



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